Noch nie von Sumach gehört? Keine Sorge, du bist nicht alleine. Wir haben auch lange gebraucht, uns ihm zu nähern. Ob in Limonade, Würzmischungen, Falafeln oder Joghurt, mit Gemüse oder Reis, als Geschmacksverstärker oder als Zitronen-Ersatz. Du solltest ihm unbedingt eine Chance geben. Sumach gilt nicht umsonst als Lieblingsgewürz des östlichen Mittelmeerraums und des Nahen Ostens.
Was ist Sumach?
Wir dürfen vorstellen: Sumach – Leser und Leserinnen. Leser und Leserinnen – Sumach.
Aber du wirst das hier bestimmt nicht lesen, um nur kurz „Hallo“ zu sagen, hoffe ich zumindest, sondern weil du sehen möchtest, ob du dem Sumach die erbetene Chance geben möchtest.
Okay, denn man tau, Ärmel hoch und los geht’s:
Der Gewürz-Sumach, Färberbaum oder Sizilianische Zucker (Rhus coriaria) ist ein unscheinbarer Strauch mit leuchtend roten Früchten, die einen einzigartigen säuerlichen Geschmack haben.
Zu seiner großen Familie, der Sumachgewächse, gehören auch der – wegen seiner auffallenden Herbstfärbung bei uns bekannte – Essigbaum oder Hirschkolben-Sumach (Rhus typhina). Im 17. Jahrhundert nach Europa gebracht war er lange viel in Parkanlagen gesehen (auch in manchem Garten, dort aber wegen seiner Wurzelausläufer nicht immer zur Freude des Gärtners). Heute ist er, als Neophyt eingestuft, weniger beliebt.
Aber auch Pistazien, Mango, rosa Pfeffer und Cashew sowie viele bei uns unbekannte Obstsorten gehören zu dieser Familie. Na ja, die ist eben wirklich groß.
Und – das schwarze Schaf gibt es auch. Hier ist es der Giftsumach. Vor allem in Nordamerika ansässig wird er dort als „Poison Ivy“ gefürchtet, da bereits kleinste Berührungen zu fiesem Ausschlag führen können.
Wo unser Sumach wächst, klären wir auch noch schnell – hauptsächlich im Mittelmeerraum und dem Nahen Osten – dann ist die erste Vorstellungsrunde fertig. Wollen wir uns jetzt seine Geschichte, seine Aromen, seinen Geschmack und seine Verwendung sowie ein paar Ideen für die Küche ansehen? Bis du dabei? Es gibt später auch Eis.
Woher kommt Sumach?
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass Sumach bereits in der Steinzeit verwendet wurde, insbesondere in der Levante und anderen Regionen des Nahen Ostens.
Bleiben wir im Mediterraneum und gehen in die Bronzezeit. Spätestens jetzt sind Gewürzpflanzen wie der Sumach in den florierenden Handel des östlichen Mittelmeers eingebunden. Natürlich auch entlang der anatolischen Küste.
Vor gut 3.300 Jahren sank dort bei der Landzunge Uluburun im Süden der Türkei ein Handelssegler.
Sein Ziel: unbekannt. Sein Schicksal: tragisch. Warum er sank, ist bis heute unklar.
5.000 Jahre später: Schwammtaucher entdecken im Jahr 1982 das Wrack. Damit ist es das älteste je gefundene Überseeschiff, beladen mit den Kostbarkeiten seiner Zeit.
Im Laufe von mehr als 10 Jahren und über 20.000 Tauchgängen konnten die Unterwasser-Archäologen neben Resten des Schiffswracks auch Rohstoffe wie Kupfer und Zinn, Blauglas, Ebenholz und Elfenbein sowie unterschiedliche Handelsgüter bergen.
Darunter Amphoren mit verderblichen Gütern wie Mandeln, Oliven und Granatäpfeln, aber auch mit Gewürzpflanzen der orientalischen Küche: Kreuzkümmel, Koriander und – Sumach.
Durch den intensiven Handel war Sumach spätestens im 3. Jahrhundert v. Chr. im gesamten Ägäisraum ein hochgeschätztes Gewürz, und wenig später auch in der Ewigen Stadt angekommen.
Die alten Römer schätzten ihn vor allem als Säuerungsmittel für ihre Gerichte – lange vor den Zitronen, die erst um das Jahr 1.000 n. Chr. in den Mittelmeerraum gekommen sind.
Die Gerbstoffe im Sumach ermöglichten zudem bereits in der Antike seine Verwendung beim Ledergerben. Eine Kunst, die später im Spanien der Mauren noch perfektioniert wurde und feinstes Maroquin- und Corduanleder hervorbrachte.
Wie schmeckt Sumach?
Die Araber nannten das Gewürz summaq (vermutlich nach dem aramäischen Begriff für rot). Die Römer acidum (sauer).
Und Sumach ist sauer. Sehr, sehr sauer.
Es heißt, er sei das sauerste Gewürz überhaupt. Es würde mich nicht wundern. Sumach hat diese heftige zusammenziehende Wirkung auf die hinteren Wangeninnenseiten, wie sie nur echte Säure hat.
Ich sage nur Zitronengesicht und dann Grinsen …
Aber die säuerlich-frischen und adstringierenden Eigenschaften des Sumach sind nur eine Seite. Es gibt eine Zweite: Er ist leicht bitter.
Woher diese Ambivalenz kommt? Sumach enthält sowohl Fruchtsäuren als auch Tannine.
Genauer ausgedrückt: Der saure Grundgeschmack entsteht durch verschiedene Fruchtsäuren wie Zitronen-, Äpfel-, Ascorbin- und Bernsteinsäure. Tannine, also die Gerbstoffe wie Corilagin, bringen hingegen die bittere Geschmackskomponente in den Sumach.
Der Geschmack erinnert neben Zitrone und Essig an Tamarinde. Aber auch an Rotweine und Granatapfelkerne. Diese Kombination ist eher selten und ermöglicht uns viele interessante Verwendungsmöglichkeiten in der Küche.
Im Gegensatz zum Geschmack ist der Duft des Sumach eher bescheiden. Es wird als erdig, holzig, kräuterig beschrieben, kommt aber meist nur schwach und sehr dezent.
Leicht dumpfes oder fehlendes Aroma sind also kein Zeichen einer minderen Qualität.
- Apropos Qualität. Noch ein Wort zur Farbe. Sie spielt eine große Rolle:
Die dunkle, intensiv-burgunderrote Farbe des Sumach, wie wir sie größtenteils kennen, zeigt, dass die Früchte zusammen mit den Kernen gemahlen wurden, was mehr Farbstoff freisetzt. Durch das Mahlen lösen sich außerdem zusätzliche Bitterstoffe. - Hochwertiger, aber auch kostspielig und kaum zu bekommen, ist Sumach, dessen Fruchtfleisch von den Kernen geschabt und z. B. in der Sonne getrocknet wurde. Er ist eher hellrot / rostrot.
Wie wird Sumach verwendet?
Im östlichen und südlichen Europa, seit Langem sehr beliebt, wird er dort als Tischgewürz sowie für Salate, Schmor- und Grillgerichte, Hülsenfrüchte und Gemüse, in Saucen, Reisgerichten und Eintöpfen verwendet.
Aber auch in Dips und Cremes wie Hummus und Baba Ganoush (Kichererbsen- bzw. Auberginencreme), Joghurtsaucen oder Marinaden, sowie erfrischender Limonade, Brot oder Gebäck.
Typische Beispiele sind:
- Zatar und Advieh (Gewürzmischungen)
- Lahmacun (Fladenbrot mit Hackfleisch, „Türkische“ Pizza)
- Kebab (Verschiedene Fleischgerichte wie Adana Kebab, Shish Kebab u.v.m.)
- Fattoush (Libanesischer Brotsalat)
Im restlichen Teil des Kontinents blieb er aber lange fast unbekannt.
Erst als in den 1960ern türkeistämmige Einwanderer und Einwanderinnen begannen Lebensmittelläden zu eröffnen und 20 Jahre später die Küchen der Levante mehr und mehr bekannt und beliebt geworden waren, wurde Sumach auch endlich hier erhältlich.
Zumindest gemahlen. Frische Beeren findet man leider eher selten.
Achte beim Einkauf darauf, dass dem Pulver kein Salz oder andere Zusätze (z.B. Rote-Bete-Pulver) beigefügt sind. Gutes Sumach kommt ohne aus.
Das Pulver wirkt feucht und grob. Da Sumach einen pflanzeneigenen Ölanteil von ca. 15 % hat, kannst du es im gemahlenen Zustand nicht einfach streuen.
Sumach als Tischgewürz
Klassisch wird es daher in einem Schälchen – dann auch gerne mit etwas Salz gemischt – zur Selbstbedienung bereitgestellt und über die fertigen Speisen gestreut. Sowohl zu Hause als auch im gehobenen Restaurant, als auch im Imbiss.
Sumach erst kurz vor dem Servieren über das Gericht streuen, so entfaltet sich seine Wirkung am kräftigsten.
Eine einfache, aber intensive Tischwürze, da Sumach ähnlich wie Salz den Geschmack von Lebensmitteln verstärkt.
Zudem gilt er als verdauungsfördernd. Seine Gerbstoffe machen fettreiches Essen leichter verdaulich und bekömmlicher.
Sumach in Gewürzmischungen
Sumach ist Bestandteil der orientalischen Gewürzmischung Zatar (Za’atar oder Zahtar), die je nach Region oder Familientradition sehr unterschiedlich zubereitet wird.
Allen Rezepten gemeinsam sind aber die vier Grundzutaten: Sumach, Sesamsamen, Zatar-Kraut (regionaler wilder Thymian) und Salz.
Zatar-Kraut kann durch hier besser erhältlichen getrockneten Thymian, Oregano oder Majoran ersetzt werden.
Die Mischung wird traditionell mit Olivenöl vermischt und vor dem Backen auf Fladenbrot gestrichen. Es kann aber auch als Dip oder Tischwürze verwendet werden.
Ach so und ja tatsächlich, natürlich auch einfach als Gewürzmischung …. Du weißt schon: Schmorgerichte, Reis und Couscous, Suppen, Quark und Joghurt, Marinaden, Dressings and so on.
Sumach als Zitronen-Ersatz
Wir haben schon darüber gesprochen, dass Sumach dafür wunderbar benutzt werden kann, aber bisher nicht über das „Wie“.
Das ist ganz einfach: gib das Gewürz direkt dazu oder verdünne es vorher mit etwas Wasser.
Sumach verdunstet beim Kochen nicht. Seine Säure ist stabiler als die von Zitrone und bleibt erhalten. In der türkischen Küche und der des Nahen Ostens wird er daher gerne zum Abrunden von Gerichten benutzt. Sehr praktisch.
Schwieriger ist die Dosierung. Da musst du dich eventuell langsam herantasten.
Als allgemeine Faustregel gilt: Etwa 1 Teelöffel Sumach für den Saft einer halben Zitrone zu verwenden.
Vice versa funktioniert das Ganze übrigens nicht so einfach. Zitronen als auch Essig können zwar die Säure nachahmen, haben aber breitere Aromaprofile, Sumach hingegen einen spezifischeren säuerlichen Geschmack.
Durch die Kombination kleiner Prisen verschiedener Gewürze wie schwarzem Pfeffer, Kreuzkümmel und Koriander mit Zitronensaft kann man sich wohl etwas annähern.
Wie kann ich Sumach kombinieren?
Klar – Sumach passt immer dort, wo man Zitrone (Zitronensaft, abgerieben Zitronenschale oder Limette) verwendet.
Aber der Fantasie sind hier wenig Grenzen gesetzt.
So kannst du z. B. dein Frühstücksjoghurt im Hochsommer mit Sumach, Minze, Datteln, vielleicht für den großen Hunger mit Haferflocken, variieren.
Oder es entsteht eine große Schale grünen Salat, mit in Sumach geröstetem Brot, Gurken, Tomaten und Feta, und einem Joghurt-Knoblauch-Kräuter-Dressing sowie Granatapfelkern als Topping.
Kurzer Überblick im Steckbrief
Botanischer Name: Rhus coriaria
Auch bekannt als Gerber-Sumach, Färberbaum, Sizilianischer Zucker
Aromen- und Geschmackseindruck
säuerlich-frisch und adstringierend, leicht bitter
Verwendung in der Küche
Zitronen-Ersatz und Tischwürze sowie für Salate, Schmor- und Grillgerichte, Hülsenfrüchte und Gemüse, in Saucen, Reisgerichten und Eintöpfen, in Dips und Cremes, Joghurtsaucen, Marinaden, Limonade, Brot und Gebäck
Passt gut zu: Kräuter & Gewürze
Kreuzkümmel, Koriander, Piment, Zimt, Muskatnuss, Chili, schwarzer Pfeffer, (Räucher-)Paprika, Salbei, Oregano, Wacholder, Rosmarin, Bohnenkraut, Lorbeer, Majoran sowie Vanille und Anis
Passt gut zu: Lebensmittel
Auberginen, Karotten, Bohnen, Zucchini, Kürbis, Süßkartoffeln, Feta und andere Käse, Fladenbrot, Kichererbsen und Linsen, Chilischoten, Granatapfel, Sesam, Knoblauch und Ingwer, Erdbeeren, Wassermelonen, Datteln und Minze
Übrigens …
- Achte beim Einkauf darauf, dass dem Pulver kein Salz oder andere Zusätze (z. B. Rote-Bete-Pulver) beigefügt sind.
- Sumach erst kurz vor dem Servieren über das Gericht streuen, so entfaltet sich seine Wirkung am kräftigsten.
- Als Faustregel für die Dosierung gilt: Etwa 1 Teelöffel Sumach für den Saft einer halben Zitrone verwenden.
Vielleicht eine Vorspeise? Sumach gilt als ideale Begleiter von rohen Zwiebeln, da sie seine Säure entschärfen. Vor diesem Hintergrund entstand eine einfache, aber sehr beliebte Vorspeise. Dazu werden nur ein paar rote Zwiebeln, Sumach und Petersilie sowie etwas Olivenöl, Salz und Pfeffer benötigt.
Lieber etwas Warmes? Versuch mal im Ofen geröstete, mit Sumach bestreute Karotten, dazu Linsen-Dal und Knobi-Dip. Oder vielleicht Zucchini-Schiffchen gefüllt mit Paprika, Zwiebeln, gewürzt mit Sumach und Kräutern und Käse überbacken.
Du brauchst nur ein schnelles Joghurt-Dressing? Wie wäre es mit Sumach, Knoblauch, Minze und einem Hauch Chili im Joghurt? Oder, oder, oder
Und zum Nachtisch – gibt’s auch endlich Eis!
Sumach-Nice Cream
Zutaten
- 2 reife Bananen, in Stücke geschnitten und gefroren
- 1 Tasse gefrorene Beeren (z. B. Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren)
- 1–2 Teelöffel gemahlener Sumach
- Optional: etwas Kokosmilch oder Mandelmilch, um die Konsistenz zu erleichtern
Zubereitung
- Die gefrorenen Bananenstücke und Beeren in einen Hochleistungsmixer geben
- Den gemahlenen Sumach hinzufügen
- Bei Bedarf etwas Kokosmilch oder Mandelmilch hinzufügen, um die Mischung leichter zu verarbeiten
- Alles gut vermischen, bis eine cremige Konsistenz erreicht ist
- Die Sumach-Nice Cream in Schüsseln füllen und sofort servieren oder für ein paar Minuten in den Gefrierschrank stellen, um eine feste Konsistenz zu erreichen
- Nach Belieben mit frischen Beeren oder einer Prise gemahlenem Sumach garnieren und genießen!
Zu guter Letzt und der Vollständigkeit halber noch kurz etwas zur Wirkung von Sumach: seine Gerbstoffe machen fettes Essen bekömmlicher. Er gilt als verdauungsfördernd.
Und bereits seit langem – wie viele Kräuter und Gewürze – als Heilmittel im traditionellen Kontext.
So haben der Archäologe Korey Brownstein und seine Kollegen in einer alten, fast 1.500-jährigen Tabakpfeife aus dem US-Bundesstaat Washington neben einer heimischen Wild-Tabaksorte (Nicotiana quadrivalvis) auch eine Sumach-Art, nämlich Rhus glabra, den glatten Sumach nachgewiesen.
Es wird dabei vermutet, dass „der Sumach wegen seiner medizinischen Wirkung und zur Verbesserung des Raucharomas mit dem Tabak gemischt worden sein könnte.“ (Korey J. Brownstein et al. An Ancient Residue Metabolomics-Based Method to Distinguish Use of Closely Related Plant Species in Ancient Pipes. Front. Mol. Biosci, published online June 26, 2020 )
Auch den alten Römern waren medizinische Einsatzmöglichkeiten des Sumach bekannt, wie Plinius der Ältere sie in seiner „Naturalis Historia“ aus dem 1. Jahrhundert beschreibt.
Für uns, für dich und viele andere, steht heute aber vielleicht eher seine wunderbar erfrischende Wirkung im Vordergrund. Sie bereichert unsere Küche und lädt zu vielen Verwendungen ein.
Und das mit der Bekömmlichkeit, das haben wir für alle Fälle mal notiert.
Haben dich die Vielseitigkeit und der unverwechselbare Geschmack von Sumach überzeugt?
Wir setzen darauf.
Übrigens:
In der modernen Küche wird Sumach oft als Geheimwaffe für diejenigen betrachtet, die ihren Gerichten eine zusätzliche Geschmackstiefe verleihen möchten. Da sind wir dabei, du auch?
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