In der Lüneburger Heide ist er Kult: der Buchweizen-Pfannkuchen. Lange Zeit als Arme-Leute-Essen bezeichnet, zeigt uns die Heideküche heute, welche Schätze in ihrem vom Buchweizen geprägten Essen zu finden sind. Damals und heute.
Schluss mit Moor?
Zugegeben, Buchweizen stand als typischer Vertreter der Heide lange nicht auf unserem Zettel. Er ist zwar Bestandteil unserer Küche, galt aber bisher zu Pfannkuchen verarbeitet als eine bretonische Spezialität, die Galette.
Wie man sich irren kann. Da trifft das alte Sprichwort mit dem Schweifen in die Ferne und dem Guten in der Nähe doch voll ins Schwarze.
Ein Urlaub in der Lüneburger Heide erhellte uns aber nicht nur gastrosophisch – er rückte auch das Moor in unseren Fokus.
Immerhin finden sich in Niedersachsen über ein Drittel der deutschen Moore, die heute wichtiger denn je für den Artenschutz sind. Viele Tier- und Pflanzenarten haben sich an den kargen, sauren Boden dort angepasst, und als Kohlendioxid-Speicher sind Moore wichtige Mittel im Kampf gegen den Klimawandel.
Als sich in der heutigen Lüneburger Heide am Ende der Eiszeit die schmelzenden Gletscher, Sand und Steine hinterlassend, zurückzogen, entstand eine riesige Waldlandschaft. Durch Überweidung verschwanden die Mischwälder nach und nach und die Heidelandschaft konnte sich ausbreiten.
Dort, wo Regen oder Grundwasser die Erde nass hielten, durchzogen von Hochmooren.
Über einen langen Zeitraum bildete sich hier ganz langsam eine Torfschicht aus Pflanzenresten, die sich in dem sauerstoffarmen Boden nicht vollständig zersetzen konnten.
Und diesen Torf begann man später als Brennstoff abzubauen.
Erst nur am Rande des Moores – zu groß war die Angst vor Moorhexen und Geistern – ging es vor ca. 300 Jahren richtig los.
Siedelnde kamen und begannen das Land urbar zu machen: Sie brannten das Moor, stachen den Torf, legten Kanäle für seinen Transport an, entwässerten die Sümpfe und gründeten Dörfer.
Und die Moore verschwanden immer mehr.
Heute stehen sie unter Schutz und Teile sind inzwischen wiedervernässt. Aber es fallen noch immer zu viele dem Torfabbau (für unsere Blumenerde) zum Opfer.
In seinem Bericht warnt der NABU (Naturschutzbund Deutschland): „… sollte der Torfabbau in Deutschland im gleichen Tempo weitergehen …, dürften die Vorräte spätestens in 50 Jahren erschöpft und eines der artenreichsten Ökosysteme zerstört sein“.
Buchweizen-Pfannkuchen – All over the world
Was das alles mit den Buchweizen-Pfannkuchen zu tun hat? Der ist ganz eng mit jenen Torfstechern und Moorbauern verbunden, die die Moore trocken gelegt und dann bestellt haben.
Lange war das Pseudogetreide das Einzige, was auf ihrem kargen Boden wuchs – das „Getreide“ der Moore, aber auch das der armen Landbevölkerung.
Getreide respektive Mehl war ihr wichtigstes Nahrungsmittel. Man rührte daraus Breie und Grützen an und verbuk ihn zu Brot und Pfannkuchen. Pfannkuchen waren oft die kalt verspeiste Mahlzeit für den Tag im Moor oder auf dem Feld.
Und – sie sollen sogar bei der Brautschau eine Rolle gespielt haben. Es war Brauch, heiratswillige Verehrer mit Buchweizen-Pfannkuchen zu bewirten. Die gerade oder ungerade Anzahl der Speckstücke verriet ihnen dann ganz dezent, ob sie sich Hoffnung machen durften oder lieber von Dannen ziehen sollten.
Na, immerhin hatten sie dann was im Magen.
Wer den Pfannkuchen erfunden hat, lässt sich heute nicht mehr herausfinden. Aber darin sind sich alle einig, es muss schon eine Weile her sein und er hat die Zeit genutzt.
Heute ist er ein absoluter Globalplayer und – egal ob mit Weizen-, Dinkel- oder einem anderen Mehl angerührt – in vielen Ländern zu Hause. Und natürlich hat jedes seine eigene Version:
- Frankreich herzhafte galettes und süße crêpes,
- die USA ihren dicken pancake,
- die Niederlande ihre kleinen poffertjes und die tellergroßen pannenkoeken,
- Korea knusprigen pajeon,
- in Österreich und Ungarn ist es der Palatschinken,
- in Deutschland Eier- oder Pfannkuchen,
- und viele, viele mehr – nicht zu vergessen unzählige regionale Varianten und immer wieder neue tolle Kreationen.
Aber egal, ob dick oder dünn, herzhaft oder süß, gefaltet, gerollt oder zerrupft, die Grundzutaten sind mindestens Mehl, Milch oder Wasser und ein Bindemittel (Eier, Backpulver, Leinsamen o. a.).
In der Lüneburger Heide waren dies traditionell Buchweizenmehl, Eier, Milch oder Wasser – je nach Füllstand des Geldbeutels. Aber auch Tee oder Kaffeesatz, der „Prütt“.
Der Teig musste dann einige Stunden ausquellen und dann buk man die Pfannkuchen in Schweinespeck oder Schmalz aus. Ziemlich fettige Angelegenheit – aber damals war das noch kein Problem.
Heute findest du den Pfannkuchen in der Heide an unsere gegenwärtigen Essgewohnheiten angepasst.
Gerne werden Blaubeeren genommen – eine echte Spezialität der Lüneburger Heide. Immerhin ist sie das größte Blaubeer-Anbaugebiet in Deutschland.
Nicht nur Buchweizen-Pfannkuchen, auch Buchweizenwaffeln sind hier ein Dauerbrenner. Mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen …
Apropos Wasser
Gib einen guten Schuss Mineralwasser mit viel Sprudel dazu: Oma hat immer gesagt, dann wird der Teig fluffiger. Ob das auch bei Buchweizen stimmt, können wir nicht abschließend sagen, aber da es schmeckt, passt das schon.
Für uns dann bitte einmal die Buchweizenwaffeln mit Beeren und Honig!
Denn der Honig ergänzt sowohl die Waffeln als natürlich auch den Buchweizen-Pfannkuchen perfekt.
Und wer es noch süßer möchte: Eine weitere Spezialität der Heidjer und Heidjerinnen ist die Buchweizentorte. Mit leckerer Preiselbeerkonfitüre, aber leider auch Sahne und klassischem Ei-Zucker-Biskuit.
Die pflanzenbasierte Version von Wurzelschnack
In den Teig kommen unsere Grundzutaten: Mehl, „Milch“ und Wasser sowie das Bindemittel.
Allen voran natürlich der Buchweizen: Sein nussiger Geschmack ist perfekt für Pfannkuchen und in Verbindung mit z. B. Beeren und Honig oder Ahornsirup ein Fest für die Sinne.
Der Teig
Man nehme also Buchweizen: Je nach Zeit und Lust kannst du für deinen Pfannkuchen fertiges Buchweizenmehl verwenden oder selbst mahlen.
Das geht bei Buchweizen easy-peasy, mit einer einfachen Kaffeemühle. Noch nussigeren Geschmack erhältst du, wenn du die Körner vor dem Mahlen anröstest.
Wenn du Buchweizen als ganzes Korn verwenden willst, solltest du am besten geschälten verwenden, um einer möglichen allergischen Reaktion gegen den in den Schalen enthaltenen Stoff Fagopyrin vorzubeugen.
Alle weiteren Zutaten orientieren sich an den üblichen Pfannkuchen-Rezepten, natürlich ohne Eier und Milch.
Für herzhafte Buchweizen-Pfannkuchen schmeckt uns ungesüßter Sojadrink am besten, für süße darf es auch gerne mal Mandeldrink sein. Aber – da ist natürlich der persönliche Geschmack das alleinige Maß.
Und statt Eiern wird aus geschroteten Leinsamen und etwas Wasser im Verhältnis 1:3 unser Bindemittel angerührt.
Nach dem Anrühren kurz quellen lassen, dann sind die „Leinsamen Eier“ einsatzbereit und können mit dem Mehl und dem pflanzlichen Drink verrührt werden.
Noch ein Wort zu Leinsamen
Leinsamen sind ein regionales Superfood. Sie sind reich an essentiellen Omega-3-Fettsäuren, liefern Ballaststoffe und sind obendrein eine tolle Proteinquelle.
Aber auch hier macht die Dosis das Gift: Leinsamen enthalten von Natur aus cyanogene Glykoside, aus denen Blausäure entstehen kann. Und sie können erhebliche Mengen des Schwermetalls Cadmium aus dem Boden aufnehmen und anreichern.
Beachte daher die folgende Empfehlung des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR):
Laut BfR ist der Verzehr von Leinsamen auch bei hohen Cyanid-Gehalten unbedenklich, wenn pro Mahlzeit nicht mehr als 15 g Leinsamen (ca. 1 Esslöffel) verzehrt werden.
Quelle: BfR: BgVV Verbrauchertipps zur Verringerung der Aufnahme unerwünschter Stoffe über Lebensmittel
Damit die positiven Eigenschaften als Ballaststoffquelle nicht durch Cadmiumaufnahmen überlagert werden, empfiehlt das BfR hier nicht mehr als 20 g Leinsamen pro Tag zu essen.
Quelle: BfR Humanstudie zum Verzehr von Marzipan und Persipan
Außerdem können Leinsamen nur richtig wirken, wenn sie geschrotet sind und ausreichend – vorwiegend vor dem Verzehr – getrunken wird oder sie – wie hier – „gewässert“ sind.
Im Ganzen gelassen passieren sie den Darm nämlich nahezu unverdaut. Und das wär’s dann mit der Wirkung leider gewesen.
Und dann …
Den Teig kurz ausquellen lassen und dann geht ein Probeexemplar in die Pfanne.
Fast geschafft! Nach dem Ausbacken fehlt jetzt nur noch der Belag.
Hier sind Phantasie und Kreativität keine Grenze gesetzt. Alles ist erlaubt.
Ob du deinen Buchweizen-Pfannkuchen herzhaft mit Gemüse oder Salat, süß mit Blaubeeren, Apfelmus oder einfach nur Ahornsirup magst: Pfannkuchen sind universell einsetzbar.
Weltweit und egal unter welchem Namen.
Wir haben uns hier für Blaubeeren und Heide-Honig entschieden: Honig auf den Pfannkuchen träufeln und mit Blaubeeren genießen.
Und dafür hier: Unser Rezept
Buchweizen-Pfannkuchen – der kulinarische Globetrotter aus dem Moor, weltweit beliebt und dennoch fast unbekannt.
Hier mit Blaubeeren & Honig
Wissenswert
Die nussig-herbe Grundnote des Teiges kann durch Süßungsmittel, Gewürze oder Obst erweitert werden:
Für süße Pfannkuchen kannst du auch 2–3 EL Zucker, aber auch Zimt, Anis, Tonkabohne oder Vanille direkt in den Teig geben.
Amerikanische Pancakes schmecken noch besser und sind gehaltvoller, wenn man Banane in den Teig püriert.
Für die herzhaften Versionen stattdessen z. B. etwas Kurkuma, Schnittlauch oder Thymian dazu geben.
Zutaten
- 200 g Buchweizenmehl
- 400 ml Pflanzendrink
- Schuss Mineralwasser mit viel Sprudel
- 1 EL Leinsamen (geschrotet)
- 3 EL Wasser
- Salz
- 300 g Blaubeeren
- Honig
Zubereitung
- Leinsamen mit Wasser mischen und kurz eindicken lassen
- Mehl und Salz in große Rührschüssel geben
- Pflanzendrink und Sprudelwasser einrühren: so lange schlagen, bis der Teig klümpchenfrei ist
- Kurz ausquellen lassen und dann in einer Pfanne bei mittlerer Hitze ausbacken
- Blaubeeren und Honig auf den warmen Pfannkuchen geben
So yummi – so lecker!
PS:
Geht es nur mir so, dass der erste Pfannkuchen grundsätzlich nicht gelingt? Hmm … ein Phänomen wie die verschwundenen Socken in der Waschmaschine … sehr nebulös.
PPS:
Erkannt? Ja, die Überschrift „Schluss mit Moor“ ist geklaut. Die Schlussrubrik des von uns hochgeschätzten Max Moor in „ttt“ ist so überschrieben. Natürlich anders definiert, musste sie hier einfach rein …
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