„Ameisen krabbeln auf einen Baum“ (mǎyǐ shàng shù) hat nichts mit dem „Großen Krabbeln“ von Disney zu tun – nein, der „Ameisen-Wok“, kommt aus der chinesischen Küche und gehört zu den Klassikern der Sichuan Küche. Diese ist eigentlich für ihre einzigartige Kombination von Schärfe, Säuerlichkeit und Taubheit bekannt. Eigentlich …
Nicht ganz so bekannt wie Huhn Kung Pao. Nicht ganz so scharf wie Mapo Dofu, das „Tofu nach Art der pockennarbigen Frau“. Nicht ganz so säuerlich wie die „Fischgeschmack Auberginen“ (yú xiāng qié zi), ein Gemüsegericht – kein Fisch.
„Ameisen krabbeln auf einen Baum“ ist ein Comfort Food der regionalen „Hausmannskost“ Sichuans mit Suchtpotenzial.
Hinter seinem kuriosen Namen verbergen sich aber nur wenig Zutaten, die auf einem deutschen Einkaufszettel auffallen würden: Hackfleisch und Nudeln, Frühlingszwiebeln, Chilischoten, Knoblauch, Reisessig und Sojasauce. Dazu die, in Sichuan fast allgegenwärtige, Chili-Bohnen-Paste.
Ameisen krabbeln auf einen Baum – Das Rezept


Die gigantischen Dimensionen Chinas werfen auch auf unser Rezept ihre Schatten und machen es schier unmöglich das eine Originalrezept zu finden. Zu viele Varianten, zu viele Versionen, die sich Original nennen.
Kennst du auch eine? Dann schreib gerne im Kommentar deine Zutaten auf – wir sind gespannt, was es noch alles an leckeren Möglichkeiten gibt…. Es ist ein bisschen wie Spaghetti auf Chinesisch.
Schnell und einfach zubereitet
Allen Rezepten gemeinsam ist die Zubereitung im heißen Wok mit Öl und Hackfleisch (gerne vom Schwein), Glasnudeln sowie die Chili-Bohnen-Paste.
Weitere oft verwendete Zutaten sind Ingwer, Knoblauch, Reiswein, Sichuan-Pfeffer, aber auch Zucker und Glutamat tauchen immer mal wieder auf.
Im Nullkommanichts ist alles angebraten und gegart.
Und wenn das Gericht dann auf dem Teller ist, kann man mit etwas Phantasie statt Hackfleisch Ameisen und statt Nudeln Äste erkennen.
So soll der Name des Gerichts auch entstanden sein: Eine junge Frau bereitete für ihre Großmutter Nudeln mit Hackfleisch zu. Und da diese nicht mehr so gut sehen konnte, meinte sie Ameisen zu erkennen.
Nicht ohne Chili-Bohnen-Paste
Wenn du dich auf die Küche Sichuans einlässt, kommst du um doubanjiang, die Würzpaste aus fermentierten Sojabohnen und Chili nicht herum. Sie gilt als Seele der Sichuan-Küche und basiert auf fermentierten Bohnen.
Ihr Geschmack: würzig-scharf und die Farbe rot-bräunlich, die Chilis aber noch erkennbar. Du bekommst die Paste als Fertigsaucen im Asia-Laden oder Internet. Diese enthalten in der Regel aber viel Salz.
Ameisen krabbeln auf einen Baum – Unsere pflanzenbasierte Variante




Wie dieses Gericht entstand? Wir sind vor vielen Jahren in einem Kochbuch schlichtweg über den Namen gestolpert.
Eine einfache Hackfleisch-Lauchzwiebeln-Chili-Pfanne, die mit einer braunen, leicht würzigen Sauce abgerundet wurde. Mild im Geschmack und schnell zuzubereiten, wurde es zu einem der liebsten Gerichte von Paula und ihrem Bruder.
Im Laufe der Jahre – und dank eines tollen Restaurants mit authentischer chinesischer Küche in Hamburg, das leider nach der Pandemie nicht wieder eröffnetet hat – ist die folgende heutige pflanzenbasierte Version entstanden.
Far away from China, aber passend zu uns und unserem Essensstil: ein würziges Lieblingsrezept voller Umami.
Miso und schwarze Bohnen
Unsere hier eingesetzte Variante mixen wir frisch an, auch wenn wir den Originalgeschmack damit nicht treffen – lecker ist sie allemal.
Dafür bedienen wir uns auch der japanischen Küche: Miso – als Ersatz für das Fermentat in der Original-Paste.
Unsere Variante enthält:
- Schwarze Bohnen
- Hatcho-Miso (schwarzes Sojabohnen-Miso mit intensivem Umami-Geschmack)
- Chilischoten
- Reisessig
- Eine kleine Prise 5-Gewürze-Pulver.
Aber Vorsicht: Pur probiert schmeckt die Paste sehr herb. Sie sollte immer in Flüssigkeiten eingerührt werden.
Momentan testen wir Weißes Miso mit weißen Bohnen. Experiment läuft noch.
Und wenn’s schnell gehen muss, greifen wir auch gerne mal auf unsere „Braune Bratensauce“ zurück. Schmeckt fast wie unsere ersten Versuche damals. Ja, ich weiß, völliger Stilbruch – aber wirklich lecker. Meist bin ich aber auch zu faul …, habe ich keine Zeit, die Sauce in dem Moment auch noch zuzubereiten – und der Vorrat in der Tiefkühltruhe ist leider ohnehin immer maximal überschaubar.
Die Nudelfrage
Nudeln machen glücklich. Nudeln müssen in unseren Ameisen-Wok. Auf jeden Fall. So weit, so klar.
Aber wenn im Haus der Hunger regiert, bekomme ich mit Glasnudeln nur wenige glücklich …
Nach dem Motto, „Schmeckt nicht – gibt’s nicht“, haben wir die Glasnudeln daher aus dem Haupt-Programm genommen und packen in unseren Ameisen-Wok gerne schmale Vollkornnudeln: Spaghettini, Mie-, Buchweizen- oder Süßkartoffelnudeln aber auch mal Reisspaghetti je nach Lust und Laune bzw. Menge der Mitesser.
Sichuan-Pfeffer
Sichuan-Pfefferkörner sind definitiv eine Erfahrung. Das prickelndes, betäubende Gefühl, der sog. má-Effekt ist ein charakteristisches Merkmal der Sichuan-Küche, aber nicht jedermanns Sache.
Für dieses Rezept scheinen sie nicht zwingend zu sein – ihre Verwendung variiert.
Bei uns finden sich hier auch keine klaren Mehrheiten. Daher belassen wir die Zubereitung bei schwarzem Pfeffer. Und der Sichuan-Pfeffer steht griffbereit zum Nachwürzen.
Sonst noch was?
Was tauschen wir noch?
Zum einen natürlich das Hackfleisch. Das wird gegen schwarze Linsen getauscht – eine perfekte, proteinreiche Alternative.
Aber natürlich kannst du auch Tofu oder Sojahack verwenden.
Unser Tipp für Sojaschnetzel: Wir marinieren sie beim Quellen grundsätzlich mit Ingwer-, Knoblauch- und Kurkumapulver sowie Tomatenmark und Worcestershiresauce für einen umami-reichen Geschmack.
Zum anderen tauschen wir die Frühlingszwiebeln in Herbst und Winter gerne mal gegen Lauch. Das bringt eine Menge grünes Gemüse auf den Teller und schont den Geldbeutel.
Und wenn wir noch Karotten oder anderes Gemüse im Kühlschrank haben: sie finden – in Streifen geschnitten – auch gerne ihren Weg in den Wok.
Ameisen krabbeln auf einen Baum – Rezept für unseren „Ameisen Wok“

„Ameisen krabbeln auf einen Baum“: Sichuan-Klassiker voller Umami. Unsere pflanzenbasierte Version: einfach, würzig, süchtig machend.
Zutaten
Bohnenpaste
- 100–150 ml Wasser oder Brühe
- 1 Dose schwarze Bohnen (240 g Abtropfgewicht) oder ca. 100 g Trockenware
- 1–3 getrocknete Chilis (alternativ 3 TL Sambal)
- 2–3 EL Hatcho-Miso (schwarzes Miso)
- 1 TL Reisessig
- ¼ TL 5-Gewürze-Pulver
Sauce
- 2–3 Zehen Knoblauch (gepresst oder gerieben)
- Daumendickes Stück Ingwer (gerieben)
- Ca. 1 cm frischer Kurkuma (gerieben)
- 1–2 Bund Lauchzwiebeln oder ca. 400 g Lauch
- Frische Peperoni (je nach Schärfewunsch)
- (Sichuan-) Pfeffer
- 1–2 TL Sojasauce
- 2 EL Mirin (süßer Reiswein)
Zusätzliche Zutaten
- 200 g Beluga-Linsen
- 250 g Mie-Nudeln oder Spaghettini
- Salz
- Evtl. Öl
Zubereitung
- Linsen und Nudeln nach Packungsanweisung zubereiten.
- Aus schwarzen Bohnen, Hatcho-Miso, Reisessig und 5-Gewürze-Pulver und der Flüssigkeit die Bohnenpaste pürieren.
- Lauch oder Lauchzwiebeln und Peperoni in einer heißen Pfanne mit oder ohne Öl anbraten.
- Die Bohnenpaste hinzufügen und mit Pfeffer, Miso, Sojasauce, Mirin und Bockshorn abschmecken.
- Linsen und Nudeln unterheben und servieren.
Eigener „Ameisen-Wok“?

Klar, nicht einfacher als das. Das Aromenprofil im Überblick gibt dir den geschmacklichen roten Faden – und du brauchst nur noch mit deinen eigenen Lieblingszutaten loslegen:
- Sichuan-Pfeffer: Bringt eine prickelnde, fast betäubende Schärfe ins Spiel. Einfacher schwarzer Pfeffer ist bei diesem Gericht aber absolut ausreichend.
- Knoblauch & Ingwer: Die Basis für viele Sichuan-Gerichte, sie liefern Wärme und Tiefe.
- Chili: Klar, Schärfe darf hier nicht fehlen. Aber keine Angst – du kannst selbst steuern, wie feurig es wird.
- Sojasauce & Chili-Bohnen-Paste: Beides Fermentate, die das Umami mitbringen, das für den herzhaften Geschmack sorgt.
Guten Appetit – Mànmàn chī!
PS:
Wie viele Chinesen und Chinesinnen, und viele Menschen weltweit, lieben wir Kohl. Zu unserem Ameisen-Wok legen wir daher gerne statt Nudeln auch einfach mal nur eine ordentliche Portion rohen Chinakohls auf den Teller. Klingt komisch? Passt perfekt!
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